Bund überlegt sich Rückkehr in Grundversorgung für FirmenDie hohen Strompreise geben allen zu kämpfen. Für Unternehmen, die im freien Strommarkt agieren, spitzt sich die Situation zu. Nachdem diese jahrelang von den tieferen Preisen im freien Markt profitieren konnten, sind sie aktuell mit exorbitanten Preissteigerungen konfrontiert. Für zahlreiche Unternehmen ist die Situation existenzbedrohend. Firmen, die ihren Stromvertrag neu verhandeln müssen, bezahlen teilweise zehn Mal mehr für die Kilowattstunde. Damit diese Firmen nicht aufgrund vorübergehender Preiseffekte Konkurs melden müssen, ist eine rasche und pragmatische Lösung nötig. Bundesrat Guy Parmelin überlegt sich nun aufgrund einer Forderung des Schweizerischen Gewerbeverbands, den betroffenen Firmen eine Rückkehr in die Grundversorgung zu ermöglichen. Da die Preise in der Grundversorgung moderater ansteigen als im freien Markt, wäre dies eine bedeutsame Entlastung.
Versorger haben kein Verständnis Die Idee löste zahlreiche Reaktionen aus. Energieversorgungsunternehmen sind über eine Rückkehr der Firmen in die Grundversorgung besonders besorgt. Einerseits besteht die Angst, dass schlussendlich Privatpersonen die dadurch entstandenen Mehrkosten tragen müssen. Anderseitswäre der Schritt für Stromversorger, die den Strom für ihre Kunden im Voraus einkaufen, finanziell sehr schwierig. Dieser Vorschlag wird an der nächsten Bundesratssitzung besprochen. Unterdessen wurden diesbezüglich noch weitere Alternativen von Verbänden und der Politik eingebracht. Lösung für das Baselbiet? Anfangs Oktober erkannte Christine Frey , Präsidentin der Liga Baselbieter Stromkunden, den Handlungsbedarf und reichte zu demselben Thema ein Postulat im Landrat ein. Dabei fordert sie ein Zugang zur Grundversorgung für KMU, die mit der schwierigen Stromsituation zu kämpfen haben. Sie definiert jedoch gewisse Bedingungen. Der Wechsel sollte freiwillig sein und Unternehmer sollten sich verpflichten, eine bestimmte Zeit in der Grundversorgung zu bleiben. So wäre auch eine Rückerstattung der verursachten Mehrbelastung an den anderen Grundversorgungskunden teilweise möglich.
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Spannendes von Entspannung bis AnspannungDie Bandbreite am Anlass „KMU und die aktuelle Lage am Energiemarkt“ war gross: das Risiko einer Mangellage sei gering, hiess es auf der einen Seite, während sich andere bereits mit Abschalt- und Vorsorgegplänen beschäftigen.
Der Event, den die Wirtschaftskammer Baselland in Zusammenarbeit mit den Energieversorgern EBL und Primeo im Auditorium im Haus der Wirtschaft am 20. Oktober 2022 organisierte, lockte zahlreiche Interessierte an. Dr. Marc Schürch, Leiter Erneuerbare Energien bei Swiss Life Asset Managers, informierte über die aktuelle Versorgungslage in Europa und in der Schweiz und stellte in Aussicht, dass eine Energiemangellage im kommenden Winter aufgrund der eingeleiteten Massnahmen unwahrscheinlich sei. Bescheidene Abhängigkeit Die Schweiz muss im Winter jeweils 3,5 Terrawattstunden Strom importieren. Das entspricht etwa 12 Prozent des Landesverbrauchs. „Das ist eine bescheidene Abhängigkeit“, sagt Schürch. Durch verschiedene Faktoren ist die Stromproduktion im benachbarten Ausland allerdings in diesem Jahr unter Druck gekommen. Rund die Hälfte der französischen Kernkraftwerke sind derzeit nicht am Netz, wegen Abschaltungen oder Wartungsarbeiten. Dazu musste die EU, insbesondere Deutschland, ihre Abhängigkeit von russischem Gas umorganisieren. Die Situation hat sich in der Zwischenzeit aber schon wesentlich entspannt. In Deutschland werden Kohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen, dazu sind die Laufzeiten der im Süden gelegenen AKW Isar 2 und Neckarwestheim 2 verlängert worden. In Frankreich steht das Versprechen, dass die Wartungsarbeiten an den AKW bis im Februar 2023 abgeschlossen sein sollen. Die Schweiz hat weitere Massnahmen ergriffen, um einer allfälligen Strommangellage zu entgegen. So wurde vom Bundesrat eine Wasserkraftreserve verordnet sowie Notstromaggregate in Birr bereitgestellt, die unter Einsatz fossiler Energie Strom produzieren könnte. Die bereits eingeleiteten Sparmassnahmen scheinen ebenfalls zu greifen. Im September ging der Stromverbrauch in der Schweiz um 13 Prozent zurück. Das deutet auf eine Abflachung der Nachfragekurve hin, die im Energiemarkt angestrebt wird, da sich der Strommarktpreis immer an den teuersten Energieträgern orientiert. Preiserhöhungen beschäftigen Die teilweise massiven Erhöhungen der Strompreise beschäftigen die KMU besonders stark, wie die Wortmeldungen am Anlass deutlich aufzeigten. Sowohl Cédric Christmann, Leiter Energie bei Primeo, wie auch Norbert Bäckert, Leiter Netz bei der EBL, stellten Lösungen - zum Beispiel Angebote für mehrjährige Strombezugsverträge mit nivellierten Preisen - in Aussicht. Aktuell laufen auch auf der politischen Ebene Bemühungen, um Unternehmen, die als Härtefall besonders stark von vervielfachten Strompreisen betroffen sind, zu unterstützen. Ansonsten heisst das Stichwort der Stunde: Energieeffizienz erhöhen und sparen, wo es geht. „Ich hätte vor einigen Jahren nicht gedacht, dass ich als Stromversorger einmal zum Sparen aufrufen muss“, sagte Norbert Bäckert. Und Christmann erinnerte an die Situation von 1918, als die Menschen in der Schweiz vor einer ähnlichen Herausforderung gestanden waren. Damals wurde die in der Energieerzeugung verbreitete Kohle aus Deutschland schlagartig um das sechs- bis siebenfache teurer. Es war der Auslöser für den Bau der ersten grossen Wasserkraftwerke in der Schweiz zur Erlangung von mehr Autonomie in der Energieproduktion. Die Herausforderung von heute ist – mit neuen Technologien – eine ganz ähnliche. |
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December 2022
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