Schlagabtausch zum neuen CO2-GesetzDas neue CO2-Gesetz erhitzt die Gemüter. Während die Gegner die zu hohen Kosten und die verfehlende Wirkung des Gesetzes kritisierten, appellierten die Befürworter am Energie-Event der Liga Baselbieter Stromkunden vom vergangenen 18. Mai an die gemeinsame Verantwortung.
Während die Meinungen bei der Ausgestaltung der Massnahmen und der Umwälzung der Kosten stark auseinandergingen, waren sich die Gäste am Energie-Event einig, dass der Klimaschutz ernst genommen werden muss. Das neue CO2-Gesetz kommt am 13. Juni 2021 zur Abstimmung. Streitpunkt Kosten Im neuen Gesetz vorgesehen sind strengere Grenzwerte im Gebäude- und Verkehrsbereich sowie eine Flugticketabgabe und eine CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe. Dadurch werden Vielflieger stärker zur Kasse gebeten und Hauseigentümerinnen und -eigentümer zu einem geringerem Heizöl- und Erdgas- Verbrauch verpflichtet. Gemäss Markus Meier, Direktor des Hauseigentümerverbands (HEV) Schweiz und SVP-Landrat, werden Hauseigentümer und Mieter damit jedoch ungerecht finanziell belastet. Unter anderem verwies er auf eine Studie des Bundesamts für Energie, laut derer Mieter künftig mit zusätzlichen 140 Franken pro Monat rechnen müssten. «Es heisst immer: Mieter könnten sogar profitieren, weil die Nebenkosten sinken. Bei den Nebenkosten mag das stimmen, aber aus den Investitionen in die Gebäudesanierung ergeben sich Mehrwerte, die auf die Miete umgelegt werden können», so Meier. Auch mit Blick auf die ältere Bevölkerung blieb Meier skeptisch, denn das Beschaffen von finanziellen Mitteln bei den Banken werde für diese sehr schwierig werden. Nationalrat Müller-Altermatt, Befürworter des Gesetzes, hielt dem entgegen, dass die Gelder aus dem Klimafonds gerade diese Leute stärker unterstützen würden. Der Klimafonds, der aus CO2- und Flugticket-Abgaben gespeist werden soll, fördert gemäss Müller-Altermatt klimafreundliche Projekte wie beispielsweise neue Heizungen, aber auch Investitionen in die E-Mobilität oder in neue klimafreundliche Technologien. Letztlich handelt es sich wohl um eine Generationenfrage. Zahlt die Schweiz heute etwas mehr, werden sich diese Investitionen später rechnen, so die Argumentation der Befürworterinnen und Befürworter. Monika Rühl, Direktorin von economiesuisse, betonte: «Es ist wichtig, dass wir diesen Schritt machen, da wir keine Zeit verlieren dürfen.» Gewerbebetreibende benötigten Planungssicherheit, um sich auf derartige Umstellungen vorbereiten zu können. Durch die frühe Dekarbonisierung könne so ein Wettbewerbsvorteil geschaffen werden, so Rühl. Eine Frage der Gerechtigkeit Durch die im CO2-Gesetz vorgesehenen Lenkungsabgaben werden gemäss Nationalrat Müller-Altermatt Anreize für ein klimafreundliches Verhalten geschaffen. Dies sei nur gerecht und sozial. «Wir belohnen diejenigen, die in den Klimaschutz investieren», so der Nationalrat. Wer nämlich wenig CO2 verursache, bekomme entsprechend Geld über die Krankenkassen zurück. Der Hauseigentümerverband nimmt dies allerdings anders wahr. Meier betonte, dass gerade der Gebäudebereich bisher am stärksten in den Klimaschutz investiert habe. Freiwillig investieren laut Meier die Mitglieder des HEV jährlich rund 21 Milliarden Franken in ihre Liegenschaften. Das neue Gesetz werde nur zu mehr Vorschriften und Zwängen für die Hauseigentümer führen. Nationalrat Müller-Altermatt wiedersprach hierbei und führte aus: «Es geht nicht um staatliche Eingriffe, es geht nicht um Steuern. Das Geld fliesst nicht in die Staatskasse, sondern es fliesst zurück zu den Bürgerinnen und Bürgern und in die Klimaschutz-Massnahmen der Schweiz.» Dadurch werde jedem die Möglichkeit gegeben, das Verhalten entsprechend klimafreundlich anzupassen. Global denken, lokal handeln Mit dem Übereinkommen von Paris hat sich die internationale Staatengemeinschaft zur Verminderung des Treibhausgas-Ausstosses verpflichtet. Die Schweiz will dieses Ziel mit dem CO2-Gesetz umsetzen. Klar ist, dass die Schweiz mit ihrem kleinen Anteil an Treibhausgasemissionen das Weltklima nicht ändern können wird. Monika Rühl erinnerte jedoch daran, dass die Schweiz eine Verantwortung habe, die sie nun auch tragen müsse. Auch Nationalrat Müller-Altermatt argumentierte in diese Richtung: «Wir als überdurchschnittlich betroffenes Land können uns nicht auf die Massnahmen anderer verlassen.» Denn die Temperaturen stiegen in der Schweiz doppelt so stark an wie im weltweiten Durchschnitt. Die zunehmende Hitze und Trockenheit erhöhe das Risiko von Erdrutschen oder anderen Naturgefahren. Besonders der Wintertourismus werde laut Müller-Altermatt stark leiden. Und auch für die Landwirtschaft würden die Prognosen demnach schlecht aussehen. Hans Wach, Geschäftsleiter des Gasverbunds Mittelland AG, sah hingegen ein ganz anderes Problem. Zwar sollen durch das neue CO2-Gesetz die Treibhausgasemissionen im Inland stark eingeschränkt werden – Emissionen, die aus dem Ausland importiert werden, bleiben dagegen fast unbeachtet. «Bei einem «Ja» wird daher das CO2-Problem nur ins Ausland verlagert. Durch die einseitige Pönalisierung von «Made in Switzerland» schadet man dem Werkplatz Schweiz und gleichzeitig auch dem Klima», so Wach. Viel zu wenig werde in den inländischen Ausbau von erneuerbaren Energien und in die Stromversorgung investiert. Nächste Pandemie Stromversorgung? Durch den Ausbau der Elektromobilität und die Umstellung auf elektrisch betriebene Wärmepumpen wird der Strombedarf der Schweiz laut Wach stetig steigen. Auch die Stromimporte aus den Nachbarländern würden zunehmend schwieriger, wenn auch dort auf klimafreundliche Technologie umgestellt und Kernkraftwerke abgestellt würden. «Wir laufen sehenden Auges in eine Pandemie» so Wach. Für ihn stellt eine akute Strommangellage, die besonders im Winter abzusehen ist, das grösste Problem dar. Genau diese Problematik werde durch das vorliegende Gesetz völlig ignoriert. Online-Event zum neuen CO2-Gesetz verpasst? Am Online-Event der Liga Baselbieter Stromkunden kreuzten die folgenden Gegner*innen und Befürworter*innen des neuen CO2-Gesetzes die Klingen:
0 Comments
Leave a Reply. |
Archiv
December 2022
|